Landwirtschaftsseminar in Kirpal Sagar, November 2017
Wenn Mutter Erde krank ist, wie können die Kinder überleben?
Hauptthema war die biologische Landwirtschaft. Es sprachen verschiedene Fachleute aus Indien, ein Biolandwirt aus Österreich sowie ein Sprecher aus Deutschland. Eine begleitende Ausstellung illustrierte die große Reichweite des Themas.
Die Ausstellung
Zwischen 10.30 und 11.00 Uhr kamen die Besucher und besichtigten die Ausstellungsstände. Von Kraftfutter für Rinder über landwirtschaftliche Produkte wie Pflanzenöle und eingelegte Früchte sowie biologisch produzierte Hülsenfrüchte und Gewürze wurden verschiedene Dinge vorgestellt.
Die Gärtnerei verkaufte Pflanzen, Dekoartikel und Sämereien und die Tischlerei von Kirpal Sagar stellte Holzmöbel aus, außerdem konnten Seife und Waschpulver aus Kirpal Sagar erworben werden. Zudem zeigte ein kleiner Stand traditionelle landwirtschaftliche Gegenstände aus dem Punjab. Interessant war auch ein großer Bücherbus aus Delhi, gefördert vom Bildungsministerium, der Bücher sowohl zur Ausleihe wie zum Verkauf anbietet. Dort waren vor allem Kinderbücher, von Bilderbüchern bis zu naturwissenschaftlichen Lehrbüchern, in Punjabi und in Englisch zu finden, außerdem Bücher zu indischer Geschichte und Tradition.
Das Landwirtschaftsseminar
Das Rednerpodium war mit qualifizierten Experten aus der Forschung, beispielsweise aus der Forschungsabteilung einer Universität in Ludhiana und Vertretern der landwirtschaftlichen Praxis besetzt.
Alle Sprecher betonten die Notwendigkeit, den Boden zu schonen, chemischen Dünger und Pestizide zu reduzieren sowie die Kreisläufe der Natur zu respektieren und zu nutzen. In der Natur ernähre sich ein Lebewesen vom anderen, und man könne auf Dauer nicht gegen die Gesetze der Natur arbeiten. Es bestand Einigkeit darin, dass die Umweltgifte ein großes Problem sind für die Gesundheit der Menschen und dringend gehandelt werden muss.
Von wissenschaftlicher Seite wurden Erkenntnisse zur Verfügbarkeit von Nährstoffen und Mineralien im Boden, zum Kreislauf von Sauerstoff und zur Auswirkung der landwirtschaftlichen Praxis auf die Qualität des Wassers angeführt.
Auch auf Monokulturen und den Umgang mit auftretenden Schädlingen im biologischen Anbau wurde eingegangen.
Aus der Praxis bestätigten mehrere Landwirte, dass bei längerfristiger biologischer Bewirtschaftung der Boden bessere Werte aufweist und sogar höhere Ernten möglich sind. Ein indischer Bauer, der viele Jahre Zuckerrohr angebaut hat, beschrieb sehr anschaulich, dass die Pflanzen mehr Ertrag bringen, wenn sie ausreichend Platz haben und gut vom Boden versorgt werden. Er habe weniger Saatgut als andere Bauern ausgebracht und dennoch eine höhere Ernte eingefahren.
Der Moringa-Anbau in Kirpal Sagar wurde vorgestellt und betont, dass der Boden auf den seit 3 Jahren biologisch bewirtschafteten Feldern heute schon frei von Pestiziden und Schwermetallen sei. Dort könnten auch andere Feldfrüchte angebaut werden. Zudem werde im Bioanbau Wasser gespart. Der Sprecher machte deutlich, dass die biologische, nachhaltige Ackerbewirtschaftung notwendig ist, um alle Menschen auf der Welt gesund zu ernähren. „Gute, nährstoffreiche Nahrung ist unsere Medizin“.
Der Biolandwirt aus Österreich stellte das Beispiel seines biologischen Milchviehbetriebs mit Käseproduktion vor und beschrieb die Herausforderung, mit Kreislaufwirtschaft den Boden so zu erhalten, dass er stets und langfristig gleich hohen Ertrag bringt. Die Vergütung pro Liter Milch sei nicht höher als in Indien, doch die Lohnkosten lägen 50fach so hoch. In Europa sei daher eine Vernetzung der Landwirte sehr wichtig, um die Produkte zu einem angemessenen Preis vermarkten und auf Augenhöhe mit Handelspartnern verhandeln zu können. Und das gelte sicher auch in Indien. Nach etwa 30 Jahren biologischer Landwirtschaft sehe man heute, wie wichtig es sei, global zu denken und regional zu handeln. Jeder sollte in seiner Heimat gesunde Lebensmittel produzieren können.
Berufliche Perspektiven für die junge Generation durch biologische Landwirtschaft
Ein weiterer Schwerpunkt, den mehrere Redner eindrucksvoll geschilderten, war der der beruflichen Perspektiven für die junge Generation. Heute möchten viele junge Menschen aus Indien ins Ausland gehen, weil sie sich dort bessere berufliche Chancen versprechen. Dabei liegen in der modernen Landwirtschaft hohe Potenziale für qualifizierte Menschen. Der Punjab gilt als Kornkammer Indiens und als eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Regionen, und er birgt große Entwicklungschancen. Man solle das Potenzial im eigenen Land wertschätzen.
Eine ehemalige Politikerin aus Nawanshahr wandte sich mit bewegenden Worten an das Publikum, wie sehr sie sich freue, dass sich die Arbeit von Bhaji und Biji in Kirpal Sagar weiter entwickle und international verbreite. Sie erzählte, dass sie die Gelegenheit hatte, längere Zeit im Ausland zu verbringen. Sie sei zurückgekommen, um die Entwicklung im Punjab zu fördern, weil sie ihr Land liebe. Wenn sie die Schülerinnen und Schüler fragt, welchen Beruf ihre Eltern ausüben, sagen viele, dass ihre Eltern in der Landwirtschaft tätig sind. Sie selbst wollen jedoch Ingenieure oder Ärzte werden. Sie appellierte an die jungen Menschen, sich qualifizierte Berufe in der modernen Landwirtschaft im Punjab zu suchen und hier ihre beruflichen Chancen zu ergreifen.
Ein junger IT-Ingenieur, der in Kanada studiert hat, ist ebenfalls in den Punjab zurückgekehrt, um sein Wissen der digitalen Kommunikation, des Marketings und der Prozesssteuerung in der Landwirtschaft weiterzugeben. Er selbst ist ein Beispiel für die junge Generation, wie man sich mit den im Ausland erworbenen Kompetenzen im eigenen Land einsetzen kann. So sprach auch er insbesondere die Studentinnen und Studenten an, ihre Fähigkeiten hier einzubringen.
Allgemein wurde für das erste Landwirtschaftsseminar in Kirpal Sagar eine positive Bilanz gezogen, denn das Interesse und der Bedarf an Austausch waren hoch, das Thema ist sehr wichtig und Kirpal Sagar kann hier eine entscheidende Vorbildfunktion erfüllen.